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22.02.2008 Arbeit für ein Butterbrot


In Europa sind wir alle Fremde Arbeit für ein Butterbrot. Vor einem Jahr war es noch ein verschlafenes Dorf in Rumänien: Jucu. Bis dahin wurde Mais angepflanzt und die Schweine gefüttert. Dann kamen im Frühjahr die großen Bagger und die Baumaschinen. Es wird das Hightech-Dorf Nokia Village gebaut. In Jucu herrscht Hochstimmung. Der finnische Mobilfunkhersteller baut einen Industriepark. Der Mobilfunkhersteller will 200 Millionen Euro investieren. Ein lächerlicher Betrag bei 7,2 Milliarden Euro Gewinn im vergangenen Jahr. Doch auch der Landkreis Cluj wird zur Kasse gebeten: 30 Millionen Euro für die Bereitstellung des Terrains und 95 Millionen Euro für den Ausbau eines neuen Flughafens. Der satte Gewinn im vergangenen Jahr wurde mit 2.500 Angestellten im deutschen Bochum erzielt. Die werden jetzt arbeitslos. Und sie begreifen nicht, dass das Europa ist. Eine Fabrik macht zu und geht dahin, wo die Arbeitskräfte um eine Zehntel billiger sind, mitten in Europa. Die Industriebosse sind gierig, sie haben Jahresgehälter von Millionen Euro. Die Gewinne reichen nicht, denn sie wollen noch höhere Gehälter und Beteiligungen. Also geht man dort hin, wo die Löhne sowie schon unter dem Existenzminimum liegen, z.B. Rumänien. 8.500 Menschen haben sich in Jucu um eine Stelle beworben. Bis zum Jahr 2009 werden 3.500 Menschen bei Nokia in Jucu Arbeit finden, die meisten zu einem Hungerlohn. Aber auch die Arbeitslosen von Nokia in Bochum werden hungern, denn das Arbeitslosengeld in Deutschland reicht auch nicht mehr - weder zum Leben noch zum Sterben. Und die Politiker? Sie sind zynisch. Diese Aktion sei nun mal der "Ausdruck von Chancengleichheit und Wettbewerb in Europa". So ist es: wir werden alle Fremde sein in Europa, unsere Identitäten verlieren. Neid wird gezüchtet. Neid entsteht in Europa. Ein Bochumarbeiter sagt: "Nach der Revolution in Rumänien hat sich ganz Europa auf die Beine gemacht, um Rumänien zu helfen. Wir gönnen den Rumänen natürlich die Arbeitsplätze. Aber warum müssen wir darunter leiden ? weil wir ihnen geholfen haben?" Aber auch der rumänische Staat wird profitieren. 100 Tausend Euro allein an Einkommensteuer pro Jahr für Jucu. Wenigstens sollen dort jetzt die Strassen asphaltiert und eine Kanalisation angelegt werden. Und die Nokia-Fabrik erhält einen eigenen Bahn- und Autobahnanschluss. Bravo, Herr Bürgermeister Pojar! "Ach ja", meinte der noch, "warum kommen denn jetzt die Deutschen nicht zu uns arbeiten, so wie drei Millionen Rumänen auch im Ausland arbeiten. Es lebe der Zynismus!? Die Frage aber ist unbeantwortet, wieviel Millionen Euro hat denn Nokia aus den europäischen Töpfen kassiert für diese Industrieansiedlung in Rumänien? 40 Millionen haben sie in Bochum seinerzeit eingestrichen und Europa zahlt. Den Grossen immer, den Kleinen nie! Es ist nicht nur das Unternehmen Nokia, das dieses "Subventions-Nomadentum" betreiben. Die Industrie fragt nicht nach den Menschen. Die Industrie fragt nur nach Renditen. Und die Politiker in Brüssel unterstützen das in Wahrheit. Wen haben wir da eigentlich gewählt? Wie gesagt: In Europa sind wir alle Fremde. Ioan Pojar, der Bürgermeister von Jucu, hat jetzt drei Mobiltelefone. Natürlich sind sie alle von Nokia. In Deutschland überlegen jetzt die Verbraucher, wie sie zukünftig die Marke Nokia boykottieren können. Ich mach auch mit und werfe mein "Nokia" in den Müll. Nochmals, ich freue mich über die vielen neuen Arbeitsplätze in Jucu. Aber liebe Menschen dort: ihr solltet Euch nicht zu früh freuen. Nach ein paar Jahren werdet Ihr feststellen, dass mit wachsender Industrialisierung auch die Lebenshaltungskosten in die Höhe schießen und Eure Gehälter nicht einmal für den mindesten Lebensunterhalt reichen. Dann werdet Ihr naturgemäß höhere Gehälter fordern. Vergebens. Denn dann hat Nokia längst einen anderen Standort in Vorbereitung und Subventionen beantragt. Und wenn das menschenverachtende Spiel in Europa nicht mehr läuft, es gibt genug Standorte in der ganzen Welt, auch in Korea, auch in China, wo Menschen bereit sind, für ein Butterbrot zu arbeiten. (Bitte lesen Sie diesen Artikel noch einmal in 5 oder 10 Jahren, lieber Leser.) Pater Don Demidoff ICCC Nachtrag Jucu Über dem neuen Arbeitsparadies in Jucu ziehen sich jetzt schon, bevor das Werk in Blüte steht, die ersten dunklen Wolken zusammen. Die Gewerkschaft Cartel Alfa ist auf den Plan gerufen, denn sie fürchtet, dass Nokia nicht nur Hungerlöhne zahlt, sondern auch eine wöchentliche Arbeitszeit von 60 bis 70 Stunden von den Arbeitern verlangen will. Cartel Alfa nennt das Sklaverei. Mehr noch Nokia verlangte von Rumäniens Arbeitsminister Pacuraru sogar eine Änderung des rumänischen Arbeitsgesetzes, das derzeit höchstens 48 Stunden vorsieht, also bereits jetzt 8 bis 10 Stunden über den deutschen Normen liegt. Ein Grund mehr keine "Nokias" zu kaufen, denn an diesen Handys klebt Sklavenschweiss. Niemand hates in Rumänien gestört, dass in Deutschland Tausende arbeitslos geworden sind, weil Nokia die Fabrik geschlossen hat. Technologie und Wohlstand erwartet man nämlich in Rumänien. Doch für welchen Preis?