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16.11.2007 Glauben, auch wenn er weh tut.


Mutter Theresa: sie wurde rasant schnell seliggesprochen, was bei anderen in der katholischen Kirche Jahrzehnte, oft Jahrhunderte und mehr dauert. Mutter Theresa barg dennoch in sich ein erschütterndes Geheimnis: Sie fühlte sich von Gott abgewiesen, leer, und ihre Glaubenszweifel wuchsen ständig. Ein Buch über sie erschien in diesem Herbst, ein Buch das erschüttert. Vorab - es waren persönliche Briefe, die sie untersagte zu veröffentlichen. Der von ihr gegründete Orden, die "Missionarinnen der Nächstenliebe" respektierten das nicht. Nach der Seligsprechung platzte die Bombe der grossen Mutter Theresa, die die Menschen schon zu Lebzeiten als Heilige bezeichneten, die Ikone der Nächstenliebe, die Heilige in den indischen Slums. Auch für mich war sie ein Übermensch, heilig, unantastbar, unerreichbar. Ich hätte so gerne einen Bruchteil ihrer Langmut, ihrer Selbstlosigkeit, ihrer Liebe für Geschundene und Dahinsiechende gehabt. Wenn ich sie ansah, zweifelte ich an meiner eigenen Leistung und meiner Fähigkeit im Einsatz für die Letzten der Letzten. Und jetzt liest man mit Erstauen, dass sie sich "total von Gott abgeschnitten" fühlte. Oh, mein Gott, wie oft in den Jahren meines Priestertums war ich auf der Suche nach dieser "Dimension Gott", wie oft glaubte ich meine Gebete und Tränen unerhört und unbemerkt, von DEM, dem ich mein ganzes Leben zurückgegeben hatte. Ich verliess meine Heimat, meine Freunde, meinen Wohlstand und meine Behaglichkeit um in dieses Rumänien der Nach-Revolution zu gehen: "Nimm Deine Sandalen und schau Dich nicht um", vernahm ich Seine Stimme. Und bis heute frage ich wie oft: Herr, wo bist Du, Herr hilf mir, lass mich begreifen, denn nach 17 Jahren in diesem Land begreife ich immer weniger, verletzt mich die Mentalität dieser Menschen hier, ja fällt es mir immer schwerer, die Sprache zu sprechen, in der ich mich immer fremder fühle. Herr, wo bist Du? In einer Beichte bekannte Mutter Theresa: Ich habe keinen Glauben, Herr, wo bist Du? Ist das die Liebe Gottes, fragte sie weiter, die Realität von Dunkelheit und Kälte. Es könnten meine eigenen Worte sein, wenn sie sagt: meine Fröhlichkeit ist nur ein Deckmantel, unter dem ich Leere und Elend verberge. Kann es sein Gott, dass auch ich in diesem Rumänien für alle Opfer, die ich in Deinem Namen erbringe, verfolgt, verleumdet, geächtet und schikaniert werde? Wo bist Du, Gott? Während der Internationalen Ökumenetage in Sibiu, an denen ich vor allem von den Priestern und Bischöfen, den falschen Brüdern, ausgeschlossen und von der Polizei mit meinen Zeitungen austeilenden Kindern verfolgt wurde, schrie ich manchmal zum Himmel. Aber mein Schrei war stumpf, lautlos, niemand konnte meinen Schrei hören. Wir bekommen in unserer Nachfolge meistens kein Zeichen der Zuneigung, nicht von Gott, nicht von den Menschen. Bekämen wir Lob und Ehrung wäre das verdächtig. Aber müssten wir nicht wissen, dass der Sohn Gottes selbst unter diesen Phänomen litt. Wissen wir nichts von Golgatha, wo Christus verzweifelt schrie: mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?! Das ist mein persönlicher Halt, in den Tiefen der erbarmungslosen Einsamkeit, in einem fremden Land, in einer kalten und traurigen Mentalität, die man vielen Rumänen selbst im Gesicht abliest, die Depressivität der Menschen 18 Jahre nach der vermeintlichen Revolution, in Bräuchen und Sitten und Aberglauben, die teilweise Hunderte von Jahren zurückliegen, in einer orthodoxen Staatskirche, die sich an den Menschen vergangen hat und sich wohl mehr als geldeintreibende Organisation begreift und noch heute nicht die Sekuristen-Beichtväter in die Wüste schickt. Natürlich hat auch die katholische Kirche ihre dunkelsten Epochen und die evangelische Kirche Rumäniens hat dem großen Conducator zugejubelt und ihre Ergebenheitsadressen geschickt, während andere in den Verließen und Kerkern gemartert und getötet wurden. Haben diese Kirchen ein Recht, Menschen auszugrenzen und sich über sie zu erheben? Und immer noch wird in rumänischen Gefängnissen gefoltert und die Kirchen und die hohen Herren in Europa und in Bukarest schließen ihre Augen vor Selbstgerechtigkeit. Das ist mein persönlicher Halt in diesen Schmerzen in diesem Land: der Verzweiflungsschrei Jesu: mein Gott, mein Gott. Mutter Theresa fühlte eine so große Trennung von Gott, dass dieser Schmerz sie auffraß. Sie bekannte: ich kann nicht mehr beten. Ich kenne diesen Schmerz auch. Oft kann ich die Heilige Messe nicht mehr zelebrieren. Meine Beine versagen mir, wenn ich am Altar stehe und zu Golgatha hinaufschaue. Alles ist dann leer in mir und alles ist so weit weg und Gott antwortet mir nicht, wie bei Mutter Theresa. Man fühlt sich wie in einem dunklen Tunnel ohne Rückkehr. Und doch weiß ich wie Mutter Theresa: der Himmel aber wird uns nicht verschlossen bleiben. Paulus hat es deutlich gesagt, dass unsere Taten und unser Glaube und unser Unglaube im Buch des Lebens verzeichnet werden. Gott prüft uns gerade im Schmerz der Trennung. Und im Einsatz für den Nächsten werden wir wohl dann zur Höchstleistung auflaufen, wenn uns der Schmerz der Gottferne, die eisige Kälte zwischen Himmel und Erde, aufzufressen scheint. Täglich bekomme ich Briefe von Gefangenen, von Mördern und Dieben, von Müttern, die abgetrieben und damit getötet haben, von Einsamen und Kranken, die in ihrem Schmerz zu ersticken scheinen und ihr Leben beenden wollen, von Menschen, die ihren Geliebten verloren oder durch eine Scheidung lassen mussten, von Menschen die nach Glauben schreien. Soll ich denen die Wahrheit sagen, wie es selbst in mir aussieht. Wohl kaum. Denn weil es auch so in mir selbst aussieht, kann ich diese Menschen erreichen, trotz meiner Leere, meiner Schmerzen oder gerade deshalb. Wenn alles im Buch des Lebens steht, dann hat Mutter Theresa ein ganzes Lexikon mit unzähligen Bänden gefüllt. Die wurden aufgeschlagen, als sie im Himmel, in die vierte Dimension eintrat. Und da gingen ihr die Augen auf, weil die Leere und die vermeintliche Trennung von Gott nichts anderes war als die vollkommene und bedingungslose Nachfolge. So will ich auch, ohne mich mit dieser großen Heiligen zu vergleichen, auf den Tag warten, da mir die Augen aufgehen und mir gesagt wird, welches Kapital ich angesammelt habe, weil ich mich von Gott verlassen und gedemütgt fühlte. So will ich in allen Phasen des Unglaubens und der Trennung von Gott um Kraft und Gnade bitten und auch bitten, dass meine täglichen Opfer und Schmerzen von Gott angenommen werden. Mutter Theresa hat diesen Gedanken nie unterdrückt, dass die Opfer ihres Lebens doch zum Ziele führen, zu Gott. Ich werde noch mal auf Mutter Theresa, diese große Heilige, zurückkommen. Da gibt es noch vieles zu sagen. Und zu lernen. Sie ist für mich vor allem deshalb eine große Heilige, weil sie in den Tiefen ihrer Menschlichkeit und Aufopferung Gott treu geblieben ist und ihr Kleid der Armut nicht ausgezogen hat. Damit steht sie über allen Kirchen und Religionen Wenn es Ihnen auch so geht, dass Sie Gott suchen und keine Antwort bekommen, dann machen Sie es wie ich und sagen Sie es mit Humor: Lieber Gott, ich habe mal wieder Deine Telefonnummer verlegt. Meinen treuen Lesern einen schönen Sonntag und dennoch Freude und Dankbarkeit. Alles wird gut. Bis zum nächsten Freitag an dieser Stelle. Übrigens wenn Sie sicher gehen wollen, dass Sie mein "Wort zum Sonntag" regelmäßig bekommen, dann ist das ganz einfach: ein Abonnement bestellen. Ihr Pater Don Demidoff ICCC