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10.11.2010 Gesundheitssystem am Sterbebett


von Birgit Wittstock  |  03. November 2010, 12:02

Von den landesweit 435 Krankenhäusern, entsprechen lediglich drei dem europäischen Standard.

Betten, mit Plastiksäcken überzogen, Medikamente nur, wenn man die Krankenschwester schmiert - Visite in einem der modernsten Spitäler Bukarests

„Verband? Wozu wollen Sie einen zusätzlichen Verband? Verbandsmaterial haben nur die Ärzte. Klebeband können Sie haben", keift die Krankenschwester. „Ja, ich nehme auch Klebeband", antwortet ihr Patient, ein weißhaariger Mann in den Siebzigern. Etwa Dreiviertel seines rechten Fußes wurden vor einigen Tagen amputiert. Der Stumpf ist mit Mullbinden umwickelt, und auf der Unterseite, da wo einst seine Fußsohle war, ist der Verband schwarz. Vom Schmutz am Boden. Krücken oder gar Rollstühle sucht man hier vergebens. In dem kleinen Raum, in der dritten Etage eines der modernsten Spitäler Bukarests, des Notfallskrankenhauses Floreasca, sticht der Uringeruch in der Nase. Drei Stahlrohrbetten sind in das rund zwölf Quadratmeter große Zimmer gezwängt, zwischen zwei noch ein zusätzliches Klappbett auf wackeligen Beinen, mit schwarzen Plastiksäcken überzogen. Die Kopfpolster stecken in Plastiksäcken, die alten Felddecken in fleckigen Bezügen, die Matratzen feucht von Blut und Urin - Leibschüsseln gibt es nicht und das Bettzeug wird nicht gewechselt. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass neue Opfer des rumänischen Gesundheitssystems zu beklagen wären: Tote wegen mangelnder Hygiene in bankrotten Krankenhäusern, geschlossenen Operationssälen, unterbezahlten Ärzten und Pflegekräften und allgegenwärtiger Korruption.

Zwar hatte die konservative Regierung noch vor wenigen Monaten versprochen, keine neuen Gebühren einzuführen, trotzdem steht nun eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge zur Debatte. Gibt die Regierung dem Antrag der Nationalen Gesundheitskasse (CNAS) statt, könnte diese sogar mehr als drei Prozent ausmachen.

Europaweites Schlusslicht

Der 22 Millionen-Einwohner-Staat ist, laut Erhebungen von Eurostat, dem Statistischen Amt der Europäischen Union, hinter Bulgarien europaweites Schlusslicht, was Ausgaben für sein Gesundheitssystem betrifft. Derzeit kommen vier Millionen Beschäftigte für die Krankenversicherung von fast zwölf Millionen Menschen auf, und die Zahl der beitragspflichtigen Beschäftigten nimmt weiter ab. Von den landesweit 435 Krankenhäusern, entsprechen lediglich drei europäischen Standards. Dass Patienten ihre eigenen Medikamente mitbringen müssen, ist Usus, von sauberer Kleidung und Bettzeug ganz zu schweigen. In manchen Spitälern bekommen die Patienten weder Besteck noch Becher, nicht selten können die Kranken nicht einmal mit Mahlzeiten versorgt werden.

Tausende Patienten sind heuer an Infektionen gestorben, die sie sich während ihres Krankenhausaufenthaltes zugezogen haben. Ärzte und medizinisches Personal sind überfordert und unterbezahlt: Mehr als 6.500 Ärzte haben das Land seit Anfang des Jahres verlassen. Der Grund: Die Löhne sind im Ausland acht- bis zehnmal höher sind als in Rumänien. Eine Ärztin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, sagt: „Ich habe vier Jahre studiert, weitere sechs Jahre war ich Assistenzärztin, heute, fertig ausgebildet verdiene ich 300 Euro monatlich. Wie soll ich davon meine Familie ernähren?"

Schmiergeld für jeden Handgriff


Gearbeitet wird oft mit den billigsten Materialien: Gebrochene und frischoperierte Arme und Beine werden mit leeren Plastikflaschen und Bandagen geschient. Zum Kühlen muss eine Halbliter-Saftflasche gefüllt mit Eis herhalten. Für beinahe jeden Handgriff wird Schmiergeld erwartet: Etwa zehn Lei (rund 2, 20 Euro) kostet den Frischoperierten in Floreasca eine Infusion mit Antibiotika - anhängen muss sie seine Ehefrau. 

Ein Krankenträger kommt, um einen Patienten von der Station für Gefäßchirurgie im dritten Stock zu holen. Optisch ist er kaum von Kranken zu unterscheiden: die gleichen abgetragenen blauen Flanellhosen, darüber einen alten, abgewetzten Bademantel. Der alte Mann mit dem teilamputierten Fuß humpelt hinter dem Pfleger den Gang hinunter, während die Stationsschwester das Abendessen bringt: Zerdrückte Kartoffeln, ein Stück Wurst und zwei Scheiben Weißbrot. Ohne Besteck. (derStandard.at, 02.11.2010) Lesen Sie hierzu den persönlichen Erfahrungsbericht von Pater Don Demidoff

 
 
By: dd